EuGH: Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind nicht mit EU-Recht vereinbar!

Nach der EU-Richtlinie dürften Staaten Mindestpreise und Höchstpreise nur unter bestimmten Bedingungen vorschreiben. Die in der HOAI festgeschriebenen Sätze erfüllten allerdings nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, erklärten die Richter weiter. Die Festsetzung von Mindestpreisen in der HOAI zum Qualitätsschutz sei nicht kohärent geregelt. Die Mindestsätze gälten nämlich nur für Architekten und Ingenieure. Die Leistungen könnten aber auch von anderen Dienstleistern erbracht werden, die ihre fachliche Eignung nicht nachweisen müssten. Daher seien die Mindestsätze ungeeignet, hohe Qualitätsstandards und den Verbraucherschutz zu sichern. Auch die verbindliche Festsetzung der Höchstsätze hält der EuGH nicht für verhältnismäßig. Es könne vielmehr ausreichen, den Kunden unverbindliche Preisorientierungen für die verschiedenen von der HOAI erfassten Leistungen zur Verfügung zu stellen. Deutschland habe zudem nicht nachgewiesen, warum ausführliche Preisinformationen für die Kunden den Verbraucherschutz nicht sicherten.

 

Das Urteil enthält keine Übergangsfrist zur Änderung der HOAI

 

Das Urteil enthält keine Übergangsfrist für die Änderung des bestehenden Preissystems der HOAI. Daher kann sich nunmehr jeder auf die Rechtswidrigkeit der verbindlichen Honorarvorgaben der HOAI berufen. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand bedeutet dies: Angebote können nicht zurückgewiesen werden, weil die angebotenen Preise die Höchst- oder Mindestsätze missachten. Auch ist es nicht möglich. unter diesem Gesichtspunkt eine Honorarkorrektur einzuklagen. In anstehenden öffentlichen Vergabeverfahren sollten – um dem Einwand von Bietern vorzugreifen, dass eine unionrechtswidrige Verordnung als zwingende Honorarordnung vorgegeben wird – ausdrücklich die bisherigen Honorartabellen der HOAI zum Bestandteil der Vergabeunterlagen gemacht werden. Denkbar ist auch, den Bietern - bei einer stärkeren Berücksichtigung des Preises als Zuschlagskriterium - einen größeren Spielraum bei der Preisgestaltung einzuräumen.

 

Auswirkungen auf laufende und abgeschlossene Bauvorhaben

 

Auf abgeschlossene, abgerechnete Baumaßnahmen hat die Entscheidung keine Auswirkungen. Bei laufenden Bauvorhaben ebenso wie bei anhängigen Vergütungsklagen ist entscheidend, ob die Parteien die HOAI und die darin enthaltenen Honorartabellen zum Vertragsbestandteil gemacht haben. Dann liegt eine zwischen den Parteien bestehende vertragliche Vergütungsvereinbarung vor, so dass es in diesen Fällen bei der geschlossenen Vereinbarung bleibt. Haben die Parteien indes keine Honorarvereinbarung in den Vertrag aufgenommen, insbesondere in den Fällen, in denen bisher aufgrund der zwingenden Anwendung des Preisrechts der HOAI nach Mindestsätzen abgerechnet worden ist, steht es den Auftraggebern frei, sich auf die Rechtswidrigkeit der Honorarordnung zu berufen. In diesem Fall kann das Gericht nicht von dem Bestehen einer Taxe ausgehen, sondern muss ggf. mittels eines Sachverständigen die ortsübliche und angemessene Vergütung der erbrachten Planungsleistungen ermitteln.

 

Der übrige Regelungsgehalt der HOAI ist von der Entscheidung des EuGH nicht betroffen, insbesondere die Definition der Leistungsphasen und der dazu erforderlichen Grundleistungen. Es steht zu erwarten, dass der Verordnungsgeber bei der jetzt erforderlichen Novelle der HOAI diese in der Praxis bewährte Strukturierung von Planungsprozessen beibehalten wird.

 

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