Von Rechtsanwalt Oliver Hattig
Werden die Angebote nach Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet, muss der Auftraggeber seine ausschlaggebenden Erwägungen für die Zuschlagserteilung so dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind und auf welche Begründung sich seine Entscheidung stützt. Konkrete Gesichtspunkte, die der Bewertung maßgeblich zugrundeliegen, müssen insbesondere bei Wertungsentscheidungen herausgearbeitet werden. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Beschluss vom 16.10.2019 (Verg 6/19) bekräftigt.
In dem konkreten Fall schrieb die Auftraggeberin, die Trägerin von Offenen Ganztagsschulen ist, europaweit die außerschulische Betreuung von Kindern und Jugendlichen aus. Individuelle Schulkonzepte waren Teil der Leistungsbeschreibung. Für die Zuschlagserteilung sollte das von den Bietern anzubietende Konzept für die Betreuung an der Schule (Gewichtung: 60 %), das vom Bieter eingesetzte "Personal" (Gewichtung: 25 %) sowie die Mittagsverpflegung (Gewichtung: 15%) maßgeblich sein. Die Entscheidung über den Zuschlag traf die Auftraggeberin auf der Grundlage eines Entscheidungsvorschlags, der von einem Gremium abgegeben wurde. Das Gremium bestand aus Vertretern des Schulverwaltungsamts sowie der jeweiligen Schulen. Die der Bewertung zugrundeliegende Matrix sah eine zu erreichende Höchstpunktzahl vor und enthielt diverse Unterkategorien zu den einzelnen Zuschlagskriterien sowie die jeweilige Gewichtung und eine Beschreibung des Erwartungshorizonts der Auftraggeberin an die Konzepte. Die maximale Punktzahl konnte jeweils erreicht werden, wenn die Kriterien "entsprechend der dortigen Beschreibungen erfüllt werden. Abweichungen hiervon werden mit weniger Punkten bewertet." Die Auftraggeberin informierte die spätere Antragstellerin, dass der Zuschlag auf 13 von ihr beworbenen Lose nicht an sie erteilt werden solle. Die Antragstellerin rügte dies: Durch die Mitteilung der erreichten Gesamtpunktzahlen für jedes Los liege keine nachvollziehbare Begründung für ihre Nichtberücksichtigung vor. Die Gründe für ihre Abwertung seien nicht nachvollziehbar und deuteten auf eine fehlerhafte Anwendung der Wertungskriterien hin. Die Auftraggeberin teilte der Antragstellerin daraufhin zu allen Losen, auf die sich die Antragstellerin beworben hatte, die Punktzahlen für die in der Wertungsmatrix enthaltenen Unterkriterien mit; half der Rüge jedoch im Übrigen nicht ab. Die Antragstellerin strengte ein Nachprüfungsverfahren an.
"Begründung muss alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um die Entscheidung des Auftraggebers nachvollziehen zu können!"
Der zulässige Nachprüfungsantrag hatte in der Sache keinen Erfolg. Die Wertungsentscheidung der Auftraggeberin sei ganz überwiegend von ihrem Beurteilungsspielraum getragen, stellte das OLG fest. Soweit vorhanden, hätten die Wertungsfehler die Zuschlagschancen der Antragstellerin nicht beeinträchtigt. Das Gericht überprüfte den der Auftraggeberin eingeräumten, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Beurteilungsspielraum daraufhin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich plausibel vergeben worden seien. Bei dieser Überprüfung berücksichtigte der Senat sämtliche in der Vergabedokumentation enthaltenen und der Entscheidung der Auftraggeberin zugrundeliegenden Tatsachen. Gemessen hieran führten die Angriffe gegen die Wertungsentscheidung der Auftraggeberin nicht zum Erfolg: Die Auftraggeberin habe das vorgeschriebenen Verfahren eingehalten; sie habe die Wertungsentscheidung weitestgehend fehlerfrei getroffen und ihre Entscheidung auch transparent begründet. Vor allem rüge die Antragstellerin vergeblich, dass die Auswahlentscheidung nicht ausreichend transparent dokumentiert sei. Gerade wenn sich der Auftraggeber - wie hier - eines ausschließlich aus qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bediene, bei dem die Bewertung der Angebote mittels eines Benotungssystems bewertet werden, müsse der Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so dokumentieren, dass nachvollziehbar sei, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen seien. Die Begründung müsse alle Informationen enthalten, die notwendig seien, um die Entscheidung des Auftraggebers nachvollziehen zu können. Bei Wertungsentscheidungen müssten die konkreten Gesichtspunkte, nach deren die Bewertung vorgenommen wurde, dargelegt werden. Die Auftraggerin war diesen Anforderungen gerecht geworden: Sie hatte zu jedem Los eine Tabelle gefertigt, aus der die Konzeptbewertungen der jeweiligen Schulleitungen und des Schulverwaltungsamts sowie der gemeinsame Vergabevorschlag ersichtlich war. Die Begründung für die Punktabzüge ließen zudem ohne Weiteres erkennen, warum der Antragstellerin jeweils die vole Punktzahl verwehrt wurde.